1981 – 1988

Tommayer/ Dezember 31, 1988

Die neunte Klasse war so spannend, dass ich sie mir dann gleich zweimal antuen mußte. Der Vorteil war, dass auch die Lehrer wechselten.

Irgendwann in der Realschule fing ich dann auch an, bei der Schülerzeitung mitzumachen, Layout, Artikel schreiben usw. Und das alles mit Schreibmaschine, Kopierer, Kleber und Schere! Ein interessantes Erlebnis war auch das Wochenendseminar der Thomas-Dehler-Stiftung in München für Schülerzeitungsmacher. Hier war ein Besuch des „Theater der Jugend“ auf dem Programm und damit verbunden ein Artikel über dieses und das dargebotene Stück. Nicht traumatisierend, sondern irgendwie prägend, trotz Thomas-Dehler-Institut.

In der 10. Klasse dann doch wieder ein Trauma, der erfolgreich abgelegte RW-Lehrer, der die alte Klasse zur Mittleren Reife geführt hatte, übernimmt nun ausnahmsweise noch unsere Klasse (wieder) (Trauma). Trotzdem die Mittlere Reife erfolgreich absolviert (Schnitt 2,5 in den Prüfungsfächern), am Ende noch der obligatorische Tanzkurs mit den Mädels von St. Ursula im Tanzhaus mit Abschlußball (insgesamt ein weiteres Trauma). Aber die reguläre Schulzeit nun zu Ende gebracht. Mal sehen, wie es weitergeht.

Irgendwann muß man sich die Frage stellen, was für einen Beruf man denn eigentlich ergreifen will. So auch ich. Es war einmal Bäcker und Konditor im Gespräch, aber als man mir sagte, welche Arbeitszeiten beim Bäcker anstehen, suchte ich mir etwas anderes. Da wir zuhause eine Schreinerei hatten, war das dann auch das Naheliegendste und so begann ich nach der Mittleren Reife 1983 mine Lehre als Schreiner, Zuerst das BGJ, wieder Schule. Von der ganzen Klasse wohnte ich am nächsten zur Schule, teilweise kamen die Mitschüler aus Nördlingen oder noch weiter, aber ich war glaube ich der Einzige, der regelmäßig zu spät kam.

Sonst kann ich mich in Bezug ans BGJ nur an Unwesentliches erinnern: da war eine Prüfung, die wir geschrieben haben. Hier waren die Schüler der beiden BGJ-Klassen alphabethisch geordnet an den Eingängen zu zwei Klassenzimmern angeschrieben, wer in welches gehen sollte zum Schreiben der Prüfung. Irgendwie war scheinbar bei meinem Namen gerade die Trennung der beiden Gruppen und so wurde mein Name auf keiner der Listen aufgeführt. Ich wollte schon wieder gehen, da sagte man zu mir, dass sie doch noch ein Plätzchen für mich hätten.

Praktische Prüfung BGJ

Die Ausbildung absolvierte ich dann in der Schreinerei meines Vaters, habe viel gelernt und dann auch die Gesellenprüfung gemacht.

Anschließend dann 20 Monate Zivildienst in der „Wekstatt für Behinderte der Lebenshilfe“ in Nördlingen. Das war auch eine gute Zeit, eigentlich zum ersten Mal richtig von Zuhause weg, unter der Woche in der Ziviwohnung in Nördlingen, eine Zwei-Mann-WG. In einer Druckerei, wo immer wieder Sachen zum Konfektionieren abzuholen waren, wurde ich als „Drückeberger“ und „Vaterlandsverräter“ tituliert, das war der Gleiche, der dann auch die Grünen „am Sack aufhängen“ wollte. Auf jeden Fall habe ich diese Zeit als prägend empfunden und will sie auch nicht missen. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen, die Feierabend-Biere, die man zusammen getrunken hat …

Zivi bei der Arbeit


Irgendwann, so mit 15 oder 16, habe ich angefangen, zur IGJD (Initiativgruppe Jugendtreff Donauwörth) zu gehen, meine älteren Brüder waren da auch aktiv. Ziel war es, ein selbstverwaltetes Jugendzentrum zu bekommen, ein eigenes Haus für unsere Aktivitäten, die zu diesem Zeitpunkt in Kneipen, angemieteten Nebenzimmern usw. stattfanden. Filmvorführungen, Konzerte, Diskussionsabende, die obligatorische Juze-Vollversammlung, ich glaube alle 2 Wochen, um alles zu besprechen, das Programm zusammenzustellen, endlose Diskussionen über Wortlaute in Briefen an den Stadtrat und den Bürgermeister. Irgendwann war es dann soweit, Die Stadt stellte uns ein Haus an der Zirgesheimer Straße zur Verfügung, das dann in vielen Stunden und mühevoller Arbeit selbst von der Gruppe, teilweise mit Geldern von Sponsoren, hergerichtet wurde. Neue Stromleitungen mußten eingezogen werden, Wände teilweise neu verputzt, tapeziert und gestrichen werden, Theke für den Verkauf, die Sitzgruppe im „Grünen Salon“, eine Bühne im „Großen Raum“, der Veranstaltungs-„Saal“ für Filme, Konzerte usw.

Juze an der Zirgesheimer Straße
Juze an der Zirgesheimer Straße
Auf dem Bild: Nobbi, Tom bei einer Reinigungsaktion der kleinen Wörnitz
Ferienprogramm im Juze: Gordischer Knoten
Spielenachmittag beim Ferienprogramm
Donauufer beim Juze

Hier habe ich viele Stunden verbracht, teilweise aktiv, teilweise auch passiv, das Juze war das „Wohnzimmer“.

Zeitungsartikel über den Abriss des Juze

Leider ist das Gebäude dann durch einen Brand unbenutzbar geworden und die Stadt hat es dann als Eigentümer abreißen lassen.

Plakat zur Ausstellung „Jugend und Kunst“

1988 veranstaltete das Juze eine Kunstausstellung von Nachwuchskünstlern aus Donauwörth. Es waren sehr interessante Exponate dabei, teilweise sehr provokativ auch dem Schirmherrn der Veranstaltung gegenüber, der damalige 1. Bürgermeister der Stadt Donauwörth, Dr. Alfred Böswald.

Auch an größere Aktionen haben wir uns gewagt, es entstand der Wunsch, in Donauwörth ein Open-Air zu veranstalten. Das Erste fand mitten in der Stadt auf einer Brachfläche neben dem Hotel „Drei Kronen“ in der Dillinger Straße statt, mit örtlichen Bands.

Mein erstes Open Air (ein echtes Polaroid)

Später stellte man uns dann die Landzunge des Baggersees zur Verfügung. Das war organisatorischer und logistischer Aufwand, bis das alles stand. Aber es machte Spaß.

Auf dem Bild: Wolle, Tom, Hansi (Bild: TiBi/nachcoloriert)

Irgendwann wurde ich dann auch noch Betreuer beim Kinderzeltlager des Kreisjungendrings, das war auch eine spannende Angelegenheit. 120 Kinder im Alter von 9 – 13, dazu die Betreuer, eine Woche Zelten auf einer Wiese bei einem Bauernhof, die Großküche vom THW. Einmal haben wir den Aufwand so übertrieben, da wurde eine Bühne mit Überdachung aufgebaut, Video-Schnittplätze installiert, der Abschlußabend wurde als Open-Air inszeniert. Wahnsinn!

Zur Erholung fuhr ich auch ab und zu in den Urlaub. Einfach mal ein paar Leute ins Auto und losgefahren, Avignon war ein beliebtes Ziel von mir, mit meinem weißen Skoda war auch die Küche mit dabei, einfach den Kofferraumdeckel hoch und schon hast Du eine windgeschützte Stelle für den Kocher.

Küchenchef in Südfrankreich (der alte Skoda jhatte eine geniale Küche)

Oder auch nach Berlin, Bruder Peter besuchen, der damals in Berlin studierte. Einmal war ich im Gropius-Bau in der Boys-Ausstellung, am faszinierendsten fand ich die Interpretationen der Kunstkritiker, die die Kunstwerke analysiert hatten. Köstlich! Da kam der Gedanke, dass es bei so manchen Kunstwerken Boys nur darum ging, die Leute auf den Arm zu nehmen.

vor der Berliner Mauer mit Volkszählungsbögen
Passbild (um 1988)

Zum Passbild noch eine Geschichte: Grenzübergang Friedrichstraße, DDR-Grenzer schaut in den Pass, blickt mir ins Gesicht, wieder in den Pass, wieder ins Gesicht, nochmal in den Pass und nochmals ins Gesicht und sagt dann:“Das sind aber sehr dunkle Gestalten da in Donauwörth!“

Sichtvermerk DDR

Im Jahr 1988 war auch noch eine größere Fahrt angesagt, veranstaltet vom KJR: eine Sommerfahr in die Türkei mit 2 Kleinbussen, voll besetzt mit insgesamt 18 Leuten. Auf dem Landweg in die Türkei und wieder zurück, mit einer kleinen Rundreise.

Sichtvermerke Türkeifahrt mit Visum Bulgarien

Ein einschneidendes Erlebnis war das Autofahren in Istanbul, einer Stadt mit damals ca. drei Ampeln, die auch funktionierten, aber komplett ignoriert wurden. Oder der Unfall: Vor uns hielt ein Fahrzeug, um links abzubiegen, wir mit den beiden Kleinbussen auch. Auf einmal hupte es von hinten, ein LKW, vollbeladen mit Betonsteinen, donnerte die abschüssige Straße herunter. Er schaffte es nicht, sein Fahrzeug rechtzeitig zum Stehen zu bringen und fuhr dem Sprinter, ein Mietfahrzeug, hinten rein, zum Glück ist nicht viel passiert, das linke Rücklicht wurde beschädigt und Blechschaden. Die Polizei kam dazu und nahm den Unfall auf. Unsere beiden Fahrer bekamen glaube ich Geldstrafen, und der Unfall-„Verursacher“ war nicht mehr aufzufinden. Es war nämlich so, dass Fahrzeuge, die links abbiegen wollten, mußten am rechten Straßenrand anhalten, bis beide Fahrspuren frei waren und abgebogen werden konnte. Das vor uns fahrende Auto hat dies allerdings nicht gemacht.

Anschließend mußte der Sprinter repariert werden. Also machten wir uns auf die Suche nach einer Autowerkstatt. Wir konnten mit dem kaputten Rücklicht ja nicht weiterfahren. In der nächsten größeren Stadt also die Werkstatt unseres Vertrauens angefahren. Alles kein Problem, meine der „Autoschmied“, das bekommen wir wieder hin. Nur das mit dem Licht könnte problematisch werden, da müsse er mal nachsehen, was er für uns zun kann. Mit einem Riesen-Schlegel wurde die Beulen wieder nach außen gearbeitet. Später kam er wieder mit einem Aufbau-Rücklicht von Skoda. Passt. Also noch eine Halterung dafür hergestellt: Flachstahl gebogen, Befestigungspunkte angezeichnet, Schweißbrenner angestellt und die Löcher in den Flachstahl eingebrannt, so einfach geht das, wenn gerade kein Bohrer zur Hand ist. Am nächsten Tag konnten wir das Auto wieder abholen, er hat dann erklärt, dass er das Autoradio über Nacht ausgebaut hatte, weil „in Türkei viel zao zerap“. Und eine kleine Testfahrt mußte er auch machen, meinte er. Nach unserem Fahrtenbuch waren es mehr als 100 km.

Statue

Mit dem Kreisjugendring wurden dann auch andere Veranstaltungen durchgeführt. Jugendtage als „Messe“ der Jugendarbeit, mit Abschlußkonzert in einer Dreifachturnhalle. Bands aus dem ganzen Landkreis. Das war dann auch die Geburtsstunde der musikalischen Laufbahn von mir. Dazu aber mehr unter „Musik, die ich machte“.

PA-Verleih

Später wurde dann auch beschlossen, eine „PA“ anzuschaffen, einen 16-Kanal-Mischer, Mikros, Boxen usw. Daraus wurde dann CWO – Strange Stage Sound System. Die Anlage haben wir dann auch teilweise über den Landkreis hinaus verliehen, vor allem für Punkkonzerte in anderen Juzes, die erfahren hatten, dass es hier für billig Geld Menschen gibt, die alles abmischen. So habe ich z. B. im Juze Wemding einmal „WIZO“ abgemischt, ich glaube vor ca. 20 Leuten, mit Fratz am Schlagzeug, weil der eigentliche Drummer krank war oder so.

Veranstaltungsflyer

Und ab und zu haben wir auch etwas getrunken, dann aber stilvoll. Wir haben Cocktailparties organisiert, erst im kleinen Rahmen, aber irgendwie wurde das immer größer.

Auf dem Bild: Stahli, Eimer, Tom, Malte, Assi, Kurt, Werni, Bene, Hansi
Share this Post